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I hired a Contract Killer

Land: Finnland / Schweden | Jahr: 1990 | ca. 80 Minuten | FSK: ab 12 Jahre

Regie: Aki Kaurismäki; Buch: Aki Kaurismäki;Kamera: Timo Salminen; Musik:Billie Holiday, Joe Strummer, Roy Brown, Little Willie John; Schnitt: Aki Kaurismäki; Darsteller: Jean-Pierre Léaud (Henri), Margi Clarke (Margaret), Kenneth Colley (Killer), Serge Reggiani (Vic), Imogen Clare (Sekretärin), Verleih: Pandora, Erstaufführung: 14.3.1991/22.7.1992 premiere, Produktionsfirma: Villealfa/The Swedish Film Institute/Finnkino/Esselte Video/Megamania/Pandora/Pyramide; Produktion: Aki Kaurismäki;

Kaurismäki geht es in erster Linie darum, „Geschichten zu erzählen, nicht irgend etwas zu dokumentieren“. Kaurismäkis Geschichten stammen aus einer Welt, die langsam aus den Köpfen der Menschen verschwindet, obwohl es sie immer noch gibt. Gemeint ist die Welt der klassischen Moderne, oder auch grausamen, ungerechten, schmutzigen Moderne. Kaurismäkis Welt ist geprägt von Arbeit und Ausbeutung, Kapital und Armut, Macht und Korruption, Bürgertum und Proletariat. In der heutigen Zeit, die als Post-Moderne bezeichnet wird, sind diese Begriffe unscharf geworden, in Kaurismäkis Augen verlogen. Er kann mit dieser Welt, ihrer Sprache, ihrer Musik und ihren Filmen nichts anfangen, aus diesem Grund nimmt er in seinen Filmen nur zu gern Bezug auf die cineastische Ahnengalerie, die er so sehr verehrt. Von den Ur-Vätern der Nouvelle Vague ist das besonders Jean-Luc Godard, sowie der US-amerikanische Vater des Independent-Films, John Cassavetes. Besondere Verehrung gilt Yasujiro Ozu und Robert Bresson. Ihre Filme sind geprägt von einem Minimalismus, in dem kein Bild, kein Wort, keine Geste zuviel ist, Filme, die aussehen, als wäre überhaupt keine Kunst dabei. Diesen Stil hat sich Kaurismäki als Vorbild gewählt.

Unübersehbar ist auch die Intertextualität in seine Filmen. Eine Vielzahl von Anspielungen und Zitaten aus der Filmgeschichte schmücken Kaurismäkis Filme. Oft nehmen die Zitate die Gestalt ihres Regisseurs an. So taucht Jim Jarmusch in „Leningrad Cowboys go Amerika“ als Autorhändler wieder auf, Samuel Fuller als Verleger in „Das Leben der Bohème“, ebenso wie Louis Malle, Serge Reggiani zu sehen sind und in der Hauptrolle der berühmte Nouvelle Vague-Schauspieler Jean-Pierre Leaud, der ebenfalls in „I hired a contract killer“ als vom Schicksal gebeutelter Hauptdarsteller erscheinen wird. Entgegen der forschen Dynamik der Industrialisierung Finnlands ist Aki Kaurismäki auf der Seite derer, die dabei überfahren werden. Er erzählt von den Verlierern dieser Gesellschaft, die nichts mehr zu verlieren haben, von Aufbegehren gegen das trostlose Schicksal und von der Flucht vor Arbeitslosigkeit und Armut. Kaurismäki zeigt in seinen Filmen düstere Hinterhöfe, triste Wohnungen mit unbezahlten Möbeln, trostlose Bars, und öde Bingohallen, in denen die Spieler wortlos nebeneinander sitzen. Das Helsinki von Aki Kaurismäki besteht aus dem Rost, dem Müll, dem Ausschuss, den die Zeit auf ihrem Weg zur Gegenwart zurückgelassen hat. Egal wo Kaurismäki den Schauplatz seiner Filme ansiedelt, alle Städte sehen plötzlich aus, wie Helsinki. Überall, wo er seine Kamera aufstellt, ist Finnland, fängt Finnland an. Dabei ist Helsinki oder Finnland nicht die Stadt oder das Land, sondern ein Prinzip. Und diesem Prinzip versuchen Kaurismäkis Figuren zu entkommen. In „Ariel“ (1988) flüchten Taisto und Irmeli mit Sohn Riku per Schiff nach Mexiko, Müllmann Nikander lässt, gemeinsam mit Ilona, die „Schatten im Paradies“ (1986) hinter sich und besteigt die Fähre nach Tallinn. Fast alle Filme, die Kaurismäki gedreht hat, handeln davon, Finnland zu verlassen.

aus Christine Scheffler Januar 2004, Melancholie und Versöhnung - Die Filme von Aki Kaurismäki, Diplomica GmbH, Hamburg

Aki Kaurismäki

Aki Kaurismäki studierte in Helsinki Literatur- und Kommunikationswissenschaften. Über diverse Aushilfsjobs kam er nach dem Studium über die Filmkritik für ein finnisches Filmmagazin dazu, Drehbücher zu schreiben. Kaurismäkis Filme haben häufig Schicksale von gesellschaftlichen Außenseitern in städtischen Zentren wie Helsinki zum Thema. Sie sind nicht nur für sparsame Dialoge, sondern auch für ihren skurril-lakonischen Humor bekannt. Kaurismäki arbeitet regelmäßig mit einem Stamm an befreundeten Schauspielern und Musikern, die seinen Filme stilistisch prägen: Matti Pellonpää, Kati Outinen, Kari Väänänen, Sakke Järvenpää. Als Reminiszenz an Alfred Hitchcock tritt Kaurismäki manchmal wie dieser in Statistenrollen seiner Filme auf.

Als persönliche Leitbilder sehe Kaurismäki Bresson, Ozu und Godard; der Ausbildung an den Filmhochschulen seines Landes könne er nicht viel Positives abgewinnen.

 

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