Lektion in Faschismus: Opfer
ab Jahre
ca. 100 min.
"Die Brücke"
Im Morgengrauen des 27. April 1945, kurz vor Kriegsende, stockt die amerikanische Panzerspitze unerwartet vor den Toren einer süddeutschen Kleinstadt. Beiderseits der Brücke, über die der Weg in die Stadt führt, haben sich sieben deutsche Soldaten eingenistet - Sechzehnjährige und Siebzehnjährige, die erst zwei Tage zuvor aus der örtlichen Oberschule heraus einberufen wurden. Mit dem Kriegsspieleifer von Pimpfen attackieren sie, ungeführt und dilettantisch, die amerikanische Vorhut und knacken zwei Panzer.
Als vier der Kindersoldaten zerschossen und verblutet in der Vormittagssonne liegen, springt ein amerikanischer Soldat hinter einem Panzer-Wrack hervor und ruft den Überlebenden zu: "We don't fight kids. Go home, kids! Go home!"
Sekunden später windet er sich, von einer Maschinengewehrgarbe der Brückenverteidiger in den Bauch getroffen, mit herausquellenden Därmen brüllend am Boden. "Mach ihn tot, mach ihn tot", winselt einer der Jungen im MG-Loch. Als er erkennt, daß sein Klassenkamerad mit durchlöchertem Schädel hinter dem MG liegt, springt er in einem Hysterieanfall aus der Deckung und taumelt in das amerikanische Gewehrfeuer.
"Stumm, betreten, ja erschreckt" verließen die Zuschauer nach diesen Kampfszenen das Kino, wie die Deutsche Presse-Agentur von der Münchner Uraufführung des deutschen Kriegsfilms "Die Brücke" in der vorletzten Woche berichtete.
In den Tagen danach, als der Film auch in Mannheim, Frankfurt und Hannover gezeigt wurde, überschütteten die bundesdeutschen Kritiker das Kino-Opus mit Lob, wie keinen deutschen Film in den letzten Jahren. So schrieb der Kritiker der "Süddeutschen Zeitung": "... einer der härtesten, schonungslosesten, bittersten Antikriegsfilme, die je über die Leinwand liefen", und dem Hamburger Filmjournalisten Klaus Hebecker erschienen "deutsche Kriegsfilme fürderhin sinnlos: 'Die Brücke' ist nicht zu übertreffen". Der Rezensent der "Welt" klassifizierte "Die Brücke" gar als "einen der besten Filme, die in den letzten 25 Jahren in Deutschland gedreht wurden", und notierte: "Sein Regisseur heißt Bernhard Wicki. Wer hätte das gedacht ..."
"Die Brücke" macht deutlich, daß Wicki ein Gefühl dafür hat, wie lange eine Szene dauern darf und dauern muß."
In der Manier der italienischen Regisseure verwandte er Geräusche - das Dröhnen von Soldatenstiefeln auf Kasernentreppen oder das zermürbende Rasseln von Panzerketten - als Mittel der Dramaturgie, nervenzerreibend und spannungsreich: "Wer einmal die höllische Angst verspürt hat, die Panzer, diese Riesen-Kriechtiere, einem Soldaten einjagen, der wird sie hier noch einmal beklemmend nacherleben." ("Frankfurter Allgemeine")
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